Burnout durch Pflege?  

Das Caregiver Syndrom  

Rund eine Million Menschen in Österreich kümmern sich um Familienmitglieder oder andere nahestehende Personen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, stellen sie die eigenen Bedürfnisse oft hinter die, der gepflegten Person.

„Nach länger dauernden Phasen der Versorgung von zu pflegenden Angehörigen kommt es häufig zu körperlichen, sozialen und emotionalen Störungen, welche nicht nur das Privatleben der Betroffenen, sondern auch die Gesundheit der pflegenden Angehörigen aus dem Gleichgewicht bringen.“, weiß Fred. Fred ist Kranken- und Gesundheitspfleger und Berater bei Alles Clara. Er erklärt, wie das sogenannte Caregiver Syndrom ausgelöst wird, welche Symptome zu beachten sind und welche vorbeugenden Maßnahmen helfen.  

Plötzliche Pflegeverantwortung 

Wer sich um eine geliebte Person kümmert, macht das meist aus ganzem Herzen und mit besonderer Hingabe. Die persönliche Erwartungshaltung ist hoch und es besteht das Gefühl besonders viel leisten zu müssen, um einen positiven Beitrag für die Gesundheit der gepflegten Person zu leisten. „Die meisten Menschen entscheiden sich ja nicht bewusst für diese Aufgabe. Oft rutscht man durch plötzlich auftretende Umstände wie Unfälle oder Erkrankungen in die Rolle der Pflegeperson.“, erklärt Fred. Diese akute Übernahme von Pflegeverantwortung geht oft mit einem Gefühl von Kontrollverlust einher. Pflegende Angehörige fühlen eine Art von Ohnmacht da sie keine Möglichkeit haben ihre Situation zu ändern. Fred hat schon oft beobachtet, dass sich das schnell negativ auf die psychische Verfassung von pflegenden auswirken kann: „Pflegende Angehörige empfinden ihr Leben oft als Fremdbestimmt. Sie fühlen sich von anderen und der Gesellschaft alleingelassen und unverstanden.“ Die Zeit sich in die neue Rolle einzufinden, fehlt häufig. Das kann für die pflegende und die gepflegte Person herausfordernd sein. Hinzu kommen zeitliche und finanzielle Belastungen, die aus der Pflegesituation entstehen.  

Körperliche und geistige Erschöpfung  

Die plötzliche Pflegeverantwortung beeinflusst die unterschiedlichsten Bereiche des Lebens. Besonders belastend ist die fehlende Auszeit um sich um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern und der Verzicht auf soziale Kontakte zugunsten der Pflege. Die ständige Überforderung führt zu Stimmungsschwankungen bis hin zur Aggressivität. Nicht nur im Privatleben müssen Abstriche gemacht werden. Auch in der Arbeit können sich Fehlzeiten häufen. „Pflegende Angehörige fühlen sich oft isoliert, weil sie ihre Freizeit für die Pflege der geliebten Person nutzen. Das ist mental sehr belastend und führt zu Wut, Verzweiflung, Traurigkeit oder Einsamkeit“, beschreibt Fred. Doch das Caregiver Syndrom kann nicht nur psychische, sondern auch körperliche Auswirkungen haben. Betroffene berichten von Schlafstörungen, Bauchschmerzen, Herzklopfen oder Kopfschmerzen. „Letztendlich vereint das Caregiver Syndrom körperliche und geistige Erschöpfung. Die Symptome sind mit denen eines Burnouts vergleichbar“, fasst Fred zusammen.  

Entlastungen und Zeitmanagement 

Wer eines oder mehrere dieser Warnsignale an sich erkennt, sollte laut Fred handeln und sich Hilfe suchen. „Es ist wichtig, früh genug um Hilfe zu bitten und auch andere Familienmitglieder einzubinden oder Enlastungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Um sich um eine andere Person zu kümmern, muss auch auf die eigene psychische und physische Gesundheit geachtet werden.“.  

Neben dem „um Hilfe bitten“ rät der der Kranken- und Gesundheitspfleger pflegenden Angehörigen auch dazu, ihre Zeiten besonders gut zu managen: „Im Leben mit einer pflegebedürftigen Person kommt es oft zu unerwarteten Ereignissen. Ich rate den Menschen immer dazu, dass sie versuchen, nur 60% ihrer verfügbaren Zeit zu verplanen. Die restlichen 40% bleiben dafür übrig, um auf unvorhersehbare Ereignisse zu reagieren“. Zusätzlich empfiehlt Fred, Aufgaben nicht einfach zu beginnen, sondern zuerst einen Plan auszuarbeiten. Dabei nutz er die A-L-P-E-N Methode: 

  • A – Aufgaben auflisten 
  • L – Länge/Zeitbedarf schätzen 
  • P – Pufferzeiten einplanen 
  • E – Entscheidungen über Priorität treffen 
  • N – Nachkontrolle des Plans 

Weiters betont Fred, dass Ziele realistisch gesetzt werden sollten. „Das hilft dabei negativen Gefühlen durch Misserfolge vorzubeugen.“ 

Berater Fred nutzt de ALPEN Methode um einen Plan für Aufgaben auszuarbeiten.

Hilfe annehmen  

Maßgeblich für die Entlastung der pflegenden Angehörigen ist es, dass Hilfe angeboten und auch angenommen wird. „Die informelle Unterstützung, also die Unterstützung, die aus dem eigenen Umfeld angeboten wird, spielt eine zentrale Rolle, um dem Caregiver Syndrom vorzubeugen.“, fasst Fred zusammen. Bei Alles Clara berät Fred im 1-zu-1 Chat Personen mit Pflegeverantwortung. Aus seiner täglichen Praxis als Gesundheits- und Krankenpfleger kennt er die Antworten auf ihre Sorgen und Fragen. Zusätzlich weiß er, wo und wie Hilfsangebote in Anspruch genommen werden können.

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