Der Alltag mit Demenz muss nicht immer nur schwer sein. Im täglichen Miteinander gibt es viele kleine Momente, die Freude bringen und aus denen man als Angehörige/r Kraft schöpfen kann. Demenz-Expertin Caroline Leitner von der Caritas erklärt im Interview, wie Angehörige mit einfachen Maßnahmen, klarer Kommunikation und Struktur den Alltag leichter und schöner gestalten können – für sich selbst und für ihre Angehörigen.

Caroline Leitner ist die Leiterin der Caritas Angehörigenakademie sowie des Bereichs „Angehörige und Demenz“ der Caritas Wien. Sie ist ausgebildete Ergotherapeutin und studierte Pflegewissenschaften an der Universität Wien.
Frau Leitner, Sie haben viel Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Demenz. Was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste, worauf Angehörige achten sollten?
Ganz wichtig ist, den Blick auf das zu richten, was noch möglich ist anstatt sich auf das konzentrieren, was alles nicht mehr geht. Das Aktiv-Bleiben und Verantwortlich-Sein für Tätigkeiten im Haushalt vermittelt Betroffenen ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und kann dabei helfen den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen. Manchmal sind es auch nur Teile einer Aktivität, die übernommen werden können– etwa einen Apfel schälen oder schneiden, wenn das passende Werkzeug bereitliegt. Ich empfehle Angehörigen, sich Tätigkeiten ins Gedächtnis zu rufen, die der oder die Betroffene früher gerne gemacht hat, und einfach mal auszuprobieren, ob zumindest einzelne Schritte davon heute noch machbar sind.

Das Aktiv-Bleiben ist wichtig. Es können auch Teile von Tätigkeiten übernommen werden die noch gut funktionieren.
Viele Angehörige finden Gespräche mit Menschen mit Demenz schwierig. Wie kann man die Kommunikation so gestalten, dass sie für beide Seiten leichter wird?
Die Kommunikation spielt eine große Rolle. Angehörige können einfache, klare Sätze verwenden und offene Fragen stellen, die leicht zu beantworten sind. Manchmal ist es auch einfacher über eine gemeinsame Aktivität, wie ein Kartenspiel oder eine kleine Spazierrunde in Kontakt zu kommen. Blickkontakt, ein freundliches Lächeln und auch Humor helfen, wenn die Worte fehlen. Wichtig ist, auf genügend Zeit und Ruhe in Gesprächen und Begegnungen zu achten. Und ganz entscheidend: nicht korrigieren oder in Streit geraten, wenn Erinnerungen anders oder falsch erzählt werden. Akzeptanz ist da der erste Schritt und entspannt beide Seiten.
Wie können Routinen helfen?
Menschen mit Demenz fühlen sich tatsächlich wohler, wenn der Alltag klar strukturiert ist. Feste Zeiten für Mahlzeiten, Bewegung und Ruhe geben Sicherheit und Orientierung. Was vielen hilft ist ein einfacher Wochenplan mit Bildern oder Symbolen. Das hilft beim Erinnern. So kann der oder die Betroffene leichter nachvollziehen, was als Nächstes ansteht.

Ein Wochenplan mit Bildern kann Orientierung geben.
Viele Angehörige von Menschen mit Demenz sind selbst stark belastet. Was raten Sie ihnen?
Gönnen Sie sich Pausen. Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden sind wichtig, damit Sie gut für Ihren Angehörigen sorgen können. Wer erschöpft ist, kann auf Dauer nicht gut unterstützen. Zögern Sie nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie müssen nicht alles allein stemmen! Oft ist es auch gut schon Unterstützung beizuziehen, wenn es noch nicht unbedingt nötig ist, weil sich die Betroffenen so schon früh daran gewöhnen und die Angehörigen zusätzliche Entlastungsmomente erleben.
Es hilft auch, sich mit anderen Angehörigen auszutauschen – etwa in Gesprächsgruppen oder unserem Café Zeitreise. Der Austausch zeigt einem, dass man nicht allein mit der Situation ist und es anderen oft ganz ähnlich geht. Das entlastet emotional und gibt neue Kraft.
Welche Angebote gibt es seitens der Caritas für Angehörige und Betroffene?
In unseren Kursen der Angehörigenakademie geben wir Angehörigen klare Werkzeuge mit, um den Alltag mit Demenz gut zu meistern. Es gibt ein vielfältiges Kursprogramm mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Es geht uns dabei stark darum, die Erkrankung und die Symptome, die hinter dem Verhalten der Betroffenen stecken zu verstehen. Wissen führt zu mehr Verständnis und das hilft oft im Umgang mit den erkrankten Angehörigen.
Zusätzlich dazu haben wir Angebote wie das Café Zeitreise in Wien und Niederösterreich, Gesprächsgruppen in Präsenz und online und Einzelberatung für Angehörige und Betroffene.

Info:
Wer mehr zu allen Caritas Angeboten erfahren möchte findet hier mehr Informationen: www.caritas-pflege.at/demenz
Alle Kurse der Angehörigenakademie unter: https://www.caritas-pflege.at/pflege-wien/angehoerige-demenz/vortraege-seminare-und-webinare/


