Ich habe mich schon als Kind um meine Mutter gekümmert.

Hanna erzählt von ihrer Kindheit als Young Carer und macht anderen mit ihrer Geschichte Mut.

Hanna ist sieben, als ihre Mama die Diagnose Multiple Sklerose erhält. Die Krankheit führt letztlich dazu, dass Hannas Mama sich nicht mehr selbst bewegen kann und im Rollstuhl lebt. Um ihre Mama zu unterstützen, übernimmt Hanna schon als Kind die Pflegeverantwortung.

Hanna macht das Essen, den Haushalt, hilft ihrer Mama aus dem Bett und bei alltäglichen Erledigungen wie dem Zähneputzen. „Unser normales Leben war dann einfach von heute auf morgen quasi weg“, erzählt sie aus der Zeit. „Wir waren mehr oder weniger in den meisten Dingen auf uns gestellt. Die Krankheit hat unseren Alltag bestimmt.“ 

Erst als Hanna 15 wird, erhalten sie und ihre Mama Unterstützung von einer persönlichen Assistenz: „Damals, ich war 15, bekam sie eine persönliche Pflegeassistenz, was uns schon vieles abnahm. Es war einfach unterstützend, weil jemand da war, zum Beispiel für das Mittagessen eingeben oder mal etwas kochen, ein wenig im Haushalt helfen. Diese Dinge waren für mich natürlich wahnsinnig erleichternd.“ 

Heute ist Hanna erwachsen und arbeitet selbst in der Pflege. Sie spricht offen über ihre Erlebnisse als Young Carer (Kind mit Pflegeverantwortung) und macht anderen Mut, das auch zu tun. Doch das war nicht schon immer so. Als Kind schämt Hanna sich für die Situation zuhause, erst später wird ihr klar, was sie in ihrer Jugend bereits geleistet hat: „Ich finde es wichtig, dass andere junge Pflegende den Mut nicht verlieren und sich trauen, ihre Situation anzusprechen. Ich weiß, wie schwierig das sein kann, gerade weil man sich oft in einer isolierten Position befindet und das Leben ganz anders ist, als das der eigenen Freunde. Ich wünsche mir, dass andere Jugendliche in ähnlichen Situationen den Mut haben, sich zu öffnen und sich nicht für ihre Situation zu schämen.“ 

Heute erkennt Hanna den Beitrag den sie schon in jungen Jahren geleistet hat.

Wenn sie an ihre Jugend zurückdenkt, würde sie sich auch wünschen, dass Hilfsangebote leichter zugänglich gemacht werden: „Ich finde es wahnsinnig schwierig, Zugang zu Unterstützungsangeboten zu finden. Solche Dinge sollten einfach leichter zugänglich sein. Es gibt viele Unterstützungsmöglichkeiten, aber man muss sich erst einmal orientieren, und das ist oft wahnsinnig schwierig.“ 

Zusätzlich gibt Hanna anderen Menschen den Rat, hinzusehen und nachzufragen, wenn sie von einer ähnlichen Situation wie ihrer erfahren. Besonders schade findet sie, dass in ihrer Kindheit viele von ihrer Pflegeverantwortung wussten, aber niemand nachgefragt oder sich gekümmert hat. Besonders in der Schule sieht Hanna großes Verbesserungspotenzial: „Ich weiß aus meiner Schulzeit selbst, dass Klassenvorstände und Lehrerkollegen alle davon wussten, dass meine Mama krank ist. Aber es hat nie jemanden interessiert. Niemand hat sich darum gekümmert oder gefragt, ob wir zuhause Hilfe brauchen. Es wird einfach nicht hingesehen. Niemand fühlt sich zuständig.“ 

Hanna weiß aus eigener Erfahrung, wie viel körperlichen und emotionalen Einsatz es braucht, um sich um eine geliebte Person zu kümmern. Inzwischen ist sie stolz auf ihre Leistungen und das wünscht sie auch anderen: „Ich wünsche anderen Jugendlichen in ähnlichen Situationen, dass sie genauso stolz auf sich selbst sein können, den Mut haben, sich zu äußern, und sich nicht für ihre Situation schämen müssen. Es ist wichtig zu verstehen, dass man keine Schuld an seiner Situation trägt. Es verdient Anerkennung, wie viel Kraft man aufbringt.“ 

Hanna: Spricht offen über ihre Erlebnisse als Young Carer (Kind mit Pflegeverantwortung) und möchte auch anderen Mut machen, das auch zu tun. Sie hat in Wien Gesundheits- und Krankenpflege studiert und ist inwzischen bereits selbst in der Pflege tätig.

Weitere Geschichten die dich interessieren könnten:

Die rechtliche Vertretung für Angehörige zu übernehmen ist nicht immer eine einfache Sache.

Jedes Monat neu:

Der Alles Clara Newsletter!